Was die HR Start-up Szene ausmacht

Ein Blick hinter die Kulissen der letzten sechs Jahre HR Start-up Award verrät so einiges: Was sind typische Charakteristika von HR Start-ups? Wie verändert sich die HR Start-up Szene? Und wer profitiert von der aktuellen Entwicklung?

Am 31. August ist es soweit: Der Sieger des sechsten HR Start-up Awards wird auf dem Personalmanagementkongress in Berlin gekürt. Die diesjährigen Finalisten 100W, voiio, und yuccaHR haben die größte Hürde aber schon gemeistert: Sie haben sich gegen 54 Mitbewerber durchgesetzt. Während die Spannung vor dem Finale steigt, verrät ein Blick auf sechs Bewerbungsrunden HR Start-up Award einiges über die HR Start-up Szene.

Der HR Start-up Award: den Kinderschuhen entwachsen

Das Baby HR Start-up Award wächst und gedeiht. So lautete das Fazit der neunköpfigen Jury rund um die Award-Initiatoren Elke Eller (Entrepreneurin und Beraterin, ehemals TUI-Personalvorständin) und Michael Kramarsch (Investor und Managing Partner der hkp/// group) sowie BPM-Präsidentin Inga Dransfeld-Haase beim alljährlichen Jury-Meeting. Und ein Blick in die Award-Statistik zeigt: Die Zahlen geben ihr eindeutig recht!

Seit Beginn des HR Start-up Awards im Jahr 2016 haben sich insgesamt 178 Start-ups mit 430 Gründerinnen und Gründern beworben. Mit 57 Bewerbungen konnte in 2021 der bisherige Bewerberrekord von 2019 (=46) deutlich übertroffen werden. Bedenkt man, dass eine Studie der Wiesbaden Business School, der hkp/// group und des Personalmagazins 2019 in der DACH-Region insgesamt rund 260 Start-ups im Bereich Personalmanagement identifizierte, lässt sich festhalten: Der HR Start-up Award ist in der HR-Gründerszene eine feste Größe und bildet ein repräsentatives Bild der Start-up-Szene im Personalwesen ab. Doch wie sehen HR Start-ups in der DACH-Region tatsächlich aus?

Banner: HR Start-up Award Gewinner 2021, Simon Tschürtz, steht mit der Trophäe auf der Bühne, umringt von Mitgliedern der Jury.
2021 gewann Simon Tschürtz, CEO von 100 Worte, den HR Start-up Award. Bist Du 2022 an der Reihe?

Struktur der Start-ups im Personalmanagement

Zwei Charakteristika scheinen über die vergangenen Jahre wie in Stein gemeißelt:

  1. Gegründet wird am liebsten zu zweit. Knapp die Hälfte aller Start-ups (48%) werden von zwei Gründer:innen ins Leben gerufen. Zu dritt gründet jedes vierte Start-up (25%) und etwa 12% entscheiden sich für eine Solo-Gründung. Mit durchschnittlich 2,4 Gründer:innen pro Start-up zeigt der Deutsche Start-up Monitor (2020) einen ähnlichen Wert auf.
  2. Weiterhin bleiben die dominanten Geschäftsmodelle SaaS (Software as a Service) und Plattformmodelle. Nahezu jedes zweite Start-up (44%) verwendet ein SaaS-Modell. Jedes dritte Start-up (33%) greift auf eine Plattform als Erfolgsgarant zurück. Klassische Dienstleistungen (15%), Beratungen (6%) oder physische Produkte (1%) spielen eine untergeordnete Rolle.

Bei der Frage, ob Start-ups in HR Fremdkapital (47%) in Form von Venture Capital, Private Equity oder von strategischen Investoren aufnehmen oder auf Bootstrapping – eine reine Eigenfinanzierung – bauen (53%), scheiden sich jedoch die Geister der Gründer:innen.

Steigende Diversität in der Start-up Szene des Personalwesens

Eine grundlegende Veränderung im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist die erneut gestiegene Themenvielfalt der angebotenen Lösungen im Bewerberumfeld des HR Start-up Awards. Eine Entwicklung, die durchaus exemplarisch für HR-Tech gewertet werden könnte.

Wenig überraschend ist, dass die meisten Start-ups nach wie vor in der Kategorie Recruiting zu finden sind. Während der Anteil letztes Jahr bei etwa der Hälfte (48%) lag, ordnet sich dieses Jahr allerdings nur jedes dritte Start-up (33%) in die Kategorie Personalbeschaffung ein. An Bedeutung gewonnen haben im Gegenzug die Bereiche Gesundheitsmanagement, Personal- und Organisationsentwicklung sowie Kommunikation. Würde sich hier jetzt nur allzu leicht die COVID-19 Pandemie als Begründung nennen lassen, wäre dies ehrlicherweise nur Spekulation – auszuschließen ist dieser Zusammenhang angesichts der einschneidenden Veränderungen, die die Pandemie für die Arbeitswelt bedeutet, aber sicher ebenfalls nicht.

Mehr HR Start-ups aus den Bereichen Health, OE & PE und Kommunikation

Start-ups aus dem Bereich Gesundheitsmanagement stellen meist Lösungen für Führungskräfte und Mitarbeiter bereit, um proaktiv mit mentalen, sozialen und emotionalen Herausforderungen am Arbeitsplatz umzugehen. Wissenschaftlich fundierte Methoden werden mit innovativer Software verbunden, um für jedes Unternehmen eine individuelle Lösung anzubieten. Die digitale Plattform von Evermood offeriert beispielsweise eine ganzheitliche mobile Lösung, die persönliche und digitale Ressourcen auf eine ansprechende Weise kombiniert.

Die Start-ups der Kategorie Personal- und Organisationsentwicklung fokussieren insbesondere den Aufbau einer nachhaltigen Organisationskultur. Zusätzlich werden Lösungen für Unternehmen in hybriden und mobilen Arbeitsumgebungen angeboten. Beispielhaft ist hier die Plattform von Culturizer zu nennen, die Unternehmen dabei unterstützt, eine dialogorientierte und nachhaltige Kultur zu etablieren.

Ein Thema, das definitiv während der Pandemie an Bedeutung gewonnen hat, ist die Kommunikation zwischen Mitarbeitenden. Arbeiten von zu Hause, in einem hybriden oder mobilen Kontext, verändert die Art und Weise in der Mitarbeitende im Austausch stehen. Yucca HR, einer der drei Finalisten, bietet hierfür eine Integration in Microsoft Teams, die Beschäftigte automatisch miteinander verbindet, um die Mitarbeitererfahrung, den Wissenstransfer und das Engagement zu steigern.

KMU und HR Start-ups: ein gutes Match!

Während Start-ups in den vergangenen Jahren größtenteils auf eine Zusammenarbeit mit Großkonzernen gesetzt haben, zeigt das diesjährige Bewerberfeld indes einen anderen Trend. Mehr als ein Drittel der Start-ups (37%) richtet sich explizit an kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die Europäischen Union definiert KMU als Unternehmen, die nicht mehr als 249 Mitarbeitende beschäftigen und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen € erwirtschaften.

Die steigende Diversität der Themenfelder ist dabei sicherlich ein Faktor, der die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und KMU begünstigt. Es ergibt sich ein breiterer Raum, in dem die täglichen Herausforderungen der KMU auf die angebotenen Lösungen der Start-ups treffen können. Die Vorteile für beide Seiten liegen auf der Hand: Start-ups stehen einer potenziellen Zielgruppe von etwa 3,5 Mio. Unternehmen allein in Deutschland gegenüber.

HR-Startups: Neue Möglichkeiten für die Personalarbeit im Mittelstand

KMU profitieren wiederum von kostengünstigen Lösungen, die Prozesse im Personalwesen im Idealfall verschlanken und effektiver machen. Gleichzeitig öffnen die Tools der Start-ups den Personalabteilungen von kleinen und mittelständischen Betrieben ganz neue Möglichkeiten: Ob digitaler Urlaubsantrag, Instrumente zur Steigerung der Feedback-Kultur oder das Wählen und/oder Zugänglichmachen von Benefits per App – was früher zu viel Aufwand bedeutet hätte, ist heute einfach umsetzbar und kann möglicherweise für die Zufriedenheit der Belegschaft wertvoll sein. Entscheidender Erfolgsfaktor hierfür ist allerdings, dass die digitale Lösungen leicht zu implementieren sind und flexibel in bestehende Prozesse integriert werden können.

Während sich bislang vor allem Großkonzerne an die Lösungen von Start-ups im Personalmanagement getraut haben, lässt die aktuelle Entwicklung also nun Positives für den Mittelstand und die HR Tech-Szene vermuten: Denn wenn sich KMUs für die Lösungen von HR Start-ups öffnen, werden diese dank intelligenter digitaler Tools potenziell von einer effizienteren und gleichzeitig kundenorientierteren Personalarbeit profitieren. Und dieser Markt wäre ein fantastischer Nährboden für weitere neue Geschäftsmodelle und Entwicklungen in HR-Tech. Es bleibt also spannend – auch in den nächsten sechs Jahren HR Start-up Award.

Über den Autor

Liam Buchholz unterstützt als Werkstudent der hkp/// group das Bewerbermanagement des HR Start-up Awards sowie die Arbeit des Ethikbeirat HR-Tech. Er studiert an der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz den Masterstudiengang Management mit den Schwerpunkten Marketing Analytics sowie Management in der Digitalen Transformation. Berufliche Erfahrung sammelte er u.a. bei einer Studentischen Unternehmensberatung, wo er im Bereich Customer Relations tätig war. Einblicke in die Abläufe und Bedarfe von Jungunternehmen erhielt er bei seiner Arbeit für ein E-Commerce Start-up, wo er für das Sales und Customer Service Team aktiv war.

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