HR tut sich mit interner Kommunikation schwer. Die Folgen: HR-Leistungen bleiben unbekannt, Personalarbeit kommt nicht an, die Reputation des Personalbereichs leidet. Bei der Bewältigung von Krisen wie der Corona-Pandemie, bei Unternehmenstransformationen und der Gestaltung attraktiver Mitarbeitererlebnisse (neudeutsch: Employee Experience) kommt es jedoch mehr als alles andere auf gelingende Kommunikation an. Höchste Zeit also, dass sich HR zum Kommunikationsprofi entwickelt.
Handlungsbedarf bei der HR-Kommunikation
Viele Personalbereiche verstehen sich inzwischen exzellent auf externes Marketing. Karriereseiten im Internet präsentieren Arbeitgeber von ihrer schönsten Seite – und das mitunter so erfolgreich, dass selbst der angestaubte Industriedinosaurier wie ein hippes Startup wirkt. Auch unter den CHROs und Personalleiterinnen finden sich immer mehr Protagonisten, die in die sozialen Medien streben und die eigene Arbeit und Person in Podcasts, Podiumsdiskussionen und auf Konferenzen gekonnt zur Schau stellen.
Der Kontrast zur unternehmensinternen HR-Kommunikation könnte kaum größer sein: Diese ist häufig wenig adressatengerecht, schwer verständlich, ohne erkennbaren Bezug zur Unternehmensstrategie und erfolgt mitunter zu spät. Die Ankündigung der jährlichen Mitarbeitergespräche liest sich ähnlich aufregend wie die Packungsbeilage eines verschreibungspflichtigen Medikaments. Die Kommunikation zur betrieblichen Altersversorgung ist auch für Akademiker harte Kost. Und die Reorganisation wird erst kommuniziert, nachdem Gerüchte die Mitarbeiter wochenlang in Angst und Schrecken versetzt haben, nur weil bis dahin noch nicht alle Details mit dem Betriebsrat geregelt worden sind.
Für HR steht viel auf dem Spiel
Dies hat erhebliche Folgen für die Mitarbeiter, das Unternehmen und nicht zuletzt auch den Personalbereich selbst. Eine unprofessionelle Kommunikation sorgt bei Mitarbeitern zumindest für Unverständnis. Im schlechtesten Fall führt sie zu Frustration oder sogar zu Zynismus – besonders dann, wenn die Employee Experience vom extern erzeugten Arbeitgeberimage deutlich abweicht. HR läuft deshalb Gefahr, mit unzureichender Kommunikation zur Demotivation der Mitarbeitenden beizutragen. Außerdem verpasst der Personalbereich die Gelegenheit, die eigene Funktion und ihre vielfältigen Leistungen als modern und zukunftsgewandt zu positionieren. Eine solche Positionierung ist jedoch Voraussetzung, um sich zum gefragten Ansprechpartner der Unternehmensleitung aufzuschwingen und sich für wichtige Missionen wie die digitale Unternehmenstransformation zu empfehlen.
Die Legacy: Warum HR nicht besser kommuniziert
Warum fällt es HR-Bereichen eigentlich so schwer, gut zu kommunizieren? Ich mache dafür vier Gründe aus – die „4H“:
1. Herkunft
Der Personalbereich hatte lange Zeit ein geradezu hoheitliches Rollenverständnis. HR hat sich darüber definiert, die Arbeitsbedingungen vorzugeben, Verträge zu schließen, über Karrieren zu entscheiden und Fehlverhalten zu ahnden. Hinzu kommt, dass es bei den meisten „traditionellen“ HR-Leistungen auf die zugrunde liegenden Regelungen und Prozesse ankommt. Die Folgen: Verschwiegenheit ist wichtiger als Transparenz, Prozesstreue wichtiger als Menschenorientierung, Kommunikation im Verlautbarungsstil häufiger anzutreffen als echter Dialog.
2. Habitus
Die meisten Personaler haben innerhalb von HR Karriere gemacht. Einige haben nie etwas anderes gesehen. In der eigenen Echokammer fühlen sie sich am wohlsten. Sie lesen die einschlägigen Fachmagazine für Personaler, besuchen HR-Kongresse und schließen sich einem HR-Netzwerk an. Damit einher geht die Pflege einer eigenen Sprache, des HR-Jargons. Statt von der Personalgewinnung spricht der Personaler lieber von Talent Akquisition. Stellenabbau wird als Rightsizing schöngeredet. Und mit Akronymen wie AC, LTI und D&I fühlt man sich endlich ganz auf Augenhöhe mit dem Finanzbereich, der mit EBITDA, DCF und CAGR aufwarten kann. Ein solcher „HR-Sprech“ errichtet Kommunikationsbarrieren und fördert Distanz statt Nähe.
3. Haltung
HR behandelt Mitarbeiter häufig nicht wie Erwachsene, sondern wie Schutzbefohlene. Dies zeigt sich besonders in Veränderungssituationen. Statt frühzeitig mit offenen Karten zu spielen und Mitarbeitern reinen Wein einzuschenken, kommuniziert HR unvollständig, verklausuliert oder schöngefärbt. Mitarbeiter empfinden dies aber nicht als berechtigte Fürsorge, sondern als Bevormundung. Die Folge: Das Vertrauen in den Personalbereich sinkt.
4. Horizont
Personalbereiche verfügen über viel Erfahrung in der 1-zu-1-Kommunikation. Einstellungsgespräche, Mitarbeitergespräche, Kündigungsgespräche – hier ist HR gefordert und hat sich über die Jahre viel Expertise angeeignet. Viele Personaler beherrschen auch die rechtlich geprägte und mitunter konfliktreiche Kommunikation mit der Arbeitnehmervertretung. Die Fähigkeit zur Mitarbeiter- und Führungskommunikation ist hingegen weniger weit entwickelt: Über viele Jahre beschränkte sich die interne Kommunikation von HR auf Mitarbeiterbriefe, Aushänge am Schwarzen Brett und den obligatorischen Auftritt des HR-Chefs auf der jährlichen Betriebsversammlung – Maßnahmen also, für die nicht unbedingt gesonderte Kommunikationsexpertise notwendig ist.
Wie HR besser kommunizieren kann
Inzwischen sind die Rahmenbedingungen und die Kommunikationserwartungen deutlich anspruchsvoller geworden. Um die Kommunikation Richtung Mitarbeiter und Führungskräfte professionell zu gestalten, muss HR das Erbe der eigenen Funktion überwinden und Kommunikationskompetenzen aufbauen. Das bedeutet nicht gleich die Einstellung von Kommunikationsspezialisten bei HR. Eine Schattenkommunikation im Personalbereich schafft häufig mehr Probleme, als sie löst: Denn dadurch entstehen gleich zwei Kommunikationsabteilungen im Unternehmen, die munter und unabgestimmt Kanäle einführen, Formate entwickeln und Informationen verbreiten.
Im Schulterschluss mit der Unternehmenskommunikation
Viel wirkungsvoller ist der Schulterschluss zwischen HR und den Spezialisten aus der Unternehmenskommunikation. Statt wie bisher nebeneinander her oder sogar gegeneinander zu agieren, gilt es zusammenzuarbeiten. Das kann von regelmäßigen Absprachen über Trainings bis hin zur funktionsübergreifenden Kollaboration beispielsweise im Rahmen von Projekten reichen.
Von diesem Miteinander profitieren alle: das Unternehmen, seine Mitarbeiter und Führungskräfte und nicht zuletzt auch die beiden Funktionsbereiche HR und Kommunikation. Denn erst die Zusammenarbeit versetzt beide in die Lage, Aufgaben wie die digitale Transformation oder die Gestaltung einer konsistenten Employee Experience zu meistern. Und vor allem verbessert die Kooperation die HR-Kommunikation: Storytelling, Kanal- und Formatexpertise, einfache Sprache und Zielgruppenorientierung – das alles beherrscht die Unternehmenskommunikation besser als HR. Wenn sich die Personalbereiche dieses Können erschließen, wird auch ihre Kommunikation verständlicher, menschlicher und relevanter. Dadurch rückt der Personalbereich wieder näher an Mitarbeiter und Führungskräfte heran und wird so seinem zentralen Auftrag gerecht: Beziehungen zu stiften, Zusammenarbeit zu fördern und Performance zu ermöglichen.
Über den Autor
Patrick Maloney arbeitete viele Jahre im Personalbereich, bevor er in die Unternehmenskommunikation wechselte und anschließend Kommunikationsberater wurde. Als Personaler befasste er sich vor allem mit kommunikationsintensiven HR-Tätigkeiten. Dies reichte vom Redenschreiben für einen Personalvorstand über Verhandlungen mit Betriebsräten bis hin zur Gestaltung einer internen Kommunikationskampagne für eine neue betriebliche Altersversorgung. Inzwischen ist Patrick Maloney Managing Director bei der strategischen Kommunikationsberatung Hering Schuppener und berät Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Change- und HR-Kommunikation. (Vita auf LinkedIn).
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