Hallo, Kollegin KI!

Künstliche Intelligenz (KI) hat ein Image-Problem: Sie gilt als Job-Vernichterin und unsichere Kantonistin. Doch sie kann uns das Leben leichter machen – wenn wir sie richtig nutzen. Wie das geht? – u.a. mit einem wachen und geschulten Blick für systemimmanente Verzerrungen, ethischen Richtlinien und einem klaren Verständnis davon, wer der Boss ist: Mensch oder Maschine.

Kennen Sie die Antwort auf die Frage nach „dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“? Nein? Dann sollten Sie den Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams lesen. Denn hier geht es unter anderem um einen Computer, der die Antwort gefunden hat – sie lautet: 42.

Um dieses Ergebnis zu liefern, musste das intelligente Superhirn mehrere Millionen Jahre lang rechnen. Mit der schlichten Zahl konnte allerdings keiner so richtig etwas anfangen: Die Frage war zu vage gestellt.

Künstliche Intelligenz: Im Alltag angekommen

Mit künstlicher Intelligenz begabte Computer begegnen uns nicht mehr nur in der Science-Fiction-Welt, sondern auch im wirklichen Leben: Sie können Schach spielen, Krebs diagnostizieren, Gesichter erkennen oder das Wetter von Morgen vorhersehen.

Und stets müssen wir auch ihnen die richtigen Fragen stellen – sprich, sie richtig nutzen –, um von ihnen vernünftige Ergebnisse zu erhalten. Doch so erstaunlich ihre Leistungen heute auch erscheinen: Ihre Möglichkeiten sind eng begrenzt.

So können KI-Systeme zwar besser als wir Menschen in einer Unmenge komplexer Daten Muster erkennen, also etwa Tausende von Bildern im Handumdrehen auswerten. In vielen anderen Dingen sind sie uns jedoch heillos unterlegen.

Sie sind nicht kreativ und haben kein Bewusstsein oder einen Willen. Ihnen fehlt jede Intuition und Empathie. Sie sind nicht sozial. Und sie haben keinen Humor, auch wenn uns Alexa Witze erzählen kann. Kurz: KI-Systeme verfügen über enormes Potzenzial, das sich heute für uns noch nicht absehen lässt. Aber ihnen fehlt so ziemlich alles, was uns Menschen zu Menschen macht. Das macht sie so reizvoll, aber auch gefährlich.

Finden Sie durch nur neuen Fragen heraus, auf welchem Digitalisierungsstand sich Ihr Personalmanagement befindet!

Arbeitsmarkt: Die Jobs gehen uns nicht aus

Dennoch sollten wir keine Angst davor haben, dass digitale Systeme die meisten von uns zu Arbeitslosen machen. Es stimmt: Viele Jobs werden verschwinden, weil sie der Kollege Roboter und die Kollegin KI besser als wir erledigen können, also schnell, fehlerfrei, günstig und ohne Urlaub und Fehlzeiten.

Doch zum einen entstehen rund um KI & Co. auch zahlreiche neue Berufe – etwa Datenwissenschaftler, Robotroniker oder Algorithmen-Entwickler; und viele künftige Jobs können wir uns heute nicht einmal ausmalen. Zum anderen entlasten uns die digitalen Systeme von zeitraubenden und nervtötenden Arbeiten. Wer will sich etwa monatelang durch Dokumente graben, wenn dies ein digitaler Assistent auf Knopdruck machen kann?

Lieber kümmern wir uns um die Dinge, die uns am Herzen liegen. Und das tun zu können, was wir „wirklich wirklich“ wollen, ist für den emeritierten Professor für Philosophie und Anthropologie Frithjof Bergmann die Basis von New Work, wie er seinen Entwurf einer humanen neuen Arbeitswelt nannte.

Insgesamt geht uns die Arbeit auch nicht aus. Denken wir nur an den Umweltschutz, den Handel, die Logistik, die medizinische Forschung oder an Pflege- und Heilberufe. Für uns Menschen bleibt weiterhin viel zu tun. Und KI-Systeme können uns dabei zur Seite stehen.

Führungskräfte und Personalmanager müssen das letzte Wort haben

Digitale Lösungen machen uns jedoch nicht nur die Arbeit leichter; wir haben bereits an anderer Stelle mit ihnen zu tun: Unternehmen, die eine Unmenge an Bewerbungen sichten oder für eine Stellenbesetzung hunderte Mitarbeiterprofile auswerten müssen, nutzen dafür digitale Assistenten.

Diese Systeme können aus der jeweiligen Datenflut auf Knopfdruck Entscheidungsvorschläge machen. Die Logik dahinter: Sie lernen, welche Eigenschaften alle Kandidaten gemeinsam haben, die bislang in der jeweiligen Funktion besonders erfolgreich waren.

So erzeugen sie ein Muster, mit dessen Hilfe sie die Aspiranten bewerten. Doch was, wenn die Systeme Vorurteile gelernt haben? In den oberen Etagen finden sich zum Beispiel nach wie vor mehr Männer als Frauen. Der Trugschluss: Männer machen wohl den besseren Job. Ein System, das diesen Trugschluss auf Basis der aktuellen Datenlage zieht, wird dann auch männlichen Kandidaten den Vorzug geben. Viele andere Verzerrungen oder gar Diskriminierungen sind denkbar. Unternehmen sind hier gefordert, für ethisch und juristisch einwandfreie Systeme zu sorgen. Darauf soll und muss auch der Betriebsrat ein Auge haben.

Entscheidend ist jedoch: Ein digitales System sollte nie eine abschließende Entscheidung treffen, sondern nur Vorschläge auf Basis solider Kriterien machen. Das letzte Wort muss stets ein Personaler oder eine Führungskraft haben.

Datenschutz und Datensouveränität: Meine Daten gehören mir!

Und das erste Wort sollten die Betroffenen sprechen: Bevor die Daten von Bewerbern oder Mitarbeitern erfasst, bearbeitet und gespeichert werden, müssen diese dem auch – umfassend informiert – zustimmen können. Die Hoheit über die eigenen Daten ist ein wertvolles Gut; dazu gehört ein Schutz der Daten nach den höchsten Standards.

Die Frage, wie KI & Co. in der Arbeitswelt zum Vorteil von Unternehmen und von Mitarbeitern verantwortungsvoll eingesetzt werden können, wird etwa vom Ehtikbeirat HR-Tech geklärt. Experten unterschiedlicher Disziplinen haben dazu bereits Richtlinien vorgelegt, die sich als Orientierungshilfe für Anwender wie für Anbieter von KI-Lösungen verstehen; die Diskussion läuft

Mensch und Maschine: ein gutes Team

KI-Systeme können unsere Arbeitswelt bereichern. Dies gelingt uns, wenn wir sie nicht nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest fragen, sondern ihnen Aufgaben geben, mit denen sie umgehen können. Bei personalwirtschaftlichen Anwendungen muss dabei für eine klare ethische Linie gesorgt werden.

Die Losung lautet letzten Endes dabei nicht Mensch oder Maschine, sondern Mensch und Maschine. Gemeinsam sind sie ein richtig gutes Team – mit dem Menschen als Boss und der Maschine als Assistenten.


Über den Autor

Michael H. Kramarsch im hkp/// group Office Frankfurt.

Michael H. Kramarsch führt als Gründer, Delegierter des Verwaltungsrats und Managing Partner die hkp/// group. Er zählt zu den führenden Experten für wertorientierte Unternehmensführung, Corporate Governance, Performance Management und Top-Executive-Vergütung und hat in diesen Themen als Sachverständiger verschiedene Regierungskommissionen beraten. Als Investor fokussiert er sich auf HR Start-ups. So hat er u.a. mit dem Bundesverband der Personalmanager (BPM) den in 2020 im 5. Jahr vergebenen HR Startup-Award ins Leben gerufen, dessen Jury er als Co-Chair vorsitzt.

Faust an Faust: Eine Roboter- und eine Menschenhand - KI und natürliche Intelligenz müssen ein Team bilden.
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Ein Kommentar

  1. 17. August 2020
    Antworten

    Michael, thanks for your comments. Clear and concise. I agree also. I’m skeptical however on the ‘freedom from fear’ (as per Franklin Roosevelt) in employment decisions. Hiring is a missed opportunity; firing however, has immediate and material impact. We know that certain well known, US-based web shops use machine firing in their fulfillment centers. I’m not convinced these ‘policies’ are not applied globally, including in Europe. I’m sure the resulting notice does not specify at the bottom that “no human was involved, or even knows about, the decision herein communicated to you”. So, while good initiatives – and good initiators such as yourself – help protect this freedom, we should equally protect from those (companies) operating in Europe who do not share this value. I believe Europe has the legislation in place, under which such could be pro-actively investigated, rather than wait for the proverbial lawsuit that will show this was ‘common’ practice for years.

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