Vergütung, Leadership, Kultur: 5 Beobachtungen zu New Pay und New Work

New Work ist nicht neu, wir sehen aber immer konkretere Ausprägungen davon in unseren Unternehmen. Selbst im Bereich Vergütung werden neue Wege beschritten, wie sie auch auf dem 7. Deutschen Vergütungstag in Berlin diskutiert wurden. Ist es also an der Zeit, von „New Pay“ zu sprechen? Ich möchte mit Ihnen fünf Beobachtungen zu dem Thema teilen, die ich auf dem Deutschen Vergütungstag im Rahmen einer Key Note vorgestellt habe – und lade Sie ein, mitzudiskutieren.

Gleich vorweg: New Work hin, New Pay her – wir müssen nicht alles Bewährte über Bord werfen. Was es aber in manchen Unternehmen braucht, ist ein Perspektivwechsel. Digitale Tools ermöglichen uns in der HR-Arbeit eine Individualisierung unserer Angebote für die Mitarbeiter, die vor keinem Thema – von der Weiterbildung bis zum Performance-Management – halt macht. Aus meiner Sicht werden wir das volle Potential dieser Tools aber nur ausschöpfen können, wenn wir auch kulturell dafür die richtigen Weichen stellen und  Mitarbeitende in den Mittelpunkt stellen. Dazu ist ein kontinuierlicher Dialog notwendig, der die Bedürfnisse des Einzelnen mit den Interessen der Organisation in Einklang bringt.

Die Digitalisierung steigert unseren Qualitätsanspruch

Warum ist die Übermittlung der Gehaltsabrechnung nicht in digitaler Form möglich? Warum kann ich mir den Stand meiner betrieblichen Altersversorgung nicht in einem Tool simulieren und anzeigen lassen? Warum kann ich statt eines Firmenwagens kein Mobilitätsbudget nutzen? Diese und viele weitere Fragen stellen sich Mitarbeiter heute. Und sie sehen außerhalb unserer Unternehmen, wie einfach Dienstleistungen inzwischen per App organisiert werden können, wie komplexe Vorgänge zu selbsterklärenden Anwendungen werden. Als HR in Unternehmen tun wir uns dann manchmal vielleicht etwas schwer, IT-Lösungen eben nicht einfach nur als Technologie zu begreifen, sondern als integralen Bestandteil des Mitarbeiter-Erlebnisses. Wenn das alltägliche Leben unserer Mitarbeiter zunehmend digital wird, müssen wir das auch in den Unternehmen abbilden. Das ist ein Grund, warum wir vom Bundesverband der Personalmanager gemeinsam mit der hkp/// group den HR Start-up Award ins Leben gerufen haben. Und es ist wirklich beeindruckend, wie viele kreative Ideen und Lösungen hierzulande in diesem Bereich entstehen – und genau die Antworten geben, die wir suchen.

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New Pay: Hoch emotional, erbarmungslos konkret

Comp&Ben als New Pay zu betrachten ist spannend, weil dieser Bereich gerne in Diskussionen über neue Arbeit gemieden wird – er ist natürlich auch nicht so leicht zugänglich wie FlexWork und neu gestaltete, schicke Bürowelten. Doch am Ende ist Vergütung vor allem eines: hoch emotional und erbarmungslos konkret. Denn es geht um Wertschätzung! Und am Ende steht eben auch eine Zahl. Wie also mit dem Thema umgehen? Hierzu fünf Beobachtungen.

Beobachtung 1: Vergütung rückt in die Öffentlichkeit

Früher wurde nicht über Vergütung gesprochen. Heute posten Leute ihre Gehälter auf Portalen wie Glassdoor, können ihre Bezüge selbst vergleichen und jene von Top-Managern sind regelmäßig in den Nachrichten. Vergütung war noch nie so öffentlich wie heute und das wird sich auch nicht mehr ändern. Früher hätte ich das als Risiko bewertet. Heute sehe ich es als Chance für Dialog, Transparenz und Fairness.

Beobachtung 2: Gemeinsam an einem Strang ziehen

Im deutschen Kontext wird New Pay nur gelingen, wenn Arbeitnehmervertreter und Arbeitgeberseite gemeinsam an einem Strang ziehen. Zum Thema New Work haben wir bei TUI das Zukunftspapier „newWork@TUI“ erarbeitet und uns auf den Weg der Umsetzung gemacht. Auch wenn wir mit der HR Community das Thema schon länger auf der Agenda hatten – die entscheidende Initiative dafür kam von unserem Betriebsrat. In der Umsetzung der darin gesetzten Ziele ziehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam an einem Strang. Egal ob Arbeitsplatzgestaltung, Vertrauensarbeitszeit oder neue Wege in der Vergütung wir suchen gemeinsam nach Lösungen und starten Piloten. Nur so kann es aus meiner Sicht funktionieren. Interessant war hierbei übrigens, dass das Zukunftspapier bewusst keine rechtlich bindende Vereinbarung ist. Es ist ein politisches Papier, das ein gemeinsames Verständnis von den Herausforderungen der digitalen Transformation der Arbeit formuliert. Schon der Entstehungsprozess war fundamental anders als bei einer traditionellen Betriebsvereinbarung: Statt Ausschuss-Sitzungen und langer Abstimmungsphasen arbeiteten alle Seiten agil, in Sprints an dem Papier.

Beobachtung 3: Mitarbeiter zu Gesellschaftern machen!

Diese These denkt die vorherige weiter. Früher wurden ab einer bestimmten Hierarchie die wichtigen Entscheidungen getroffen – und dort war es auch üblich, Führungskräfte über Aktienpakete am Erfolg des Unternehmens direkt teilhaben zu lassen. Wenn nun allerdings Entscheidungen dezentralisiert werden, Hierarchien verschwinden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu ermuntert werden, selbst stärker unternehmerisch zu denken – warum sollte dann die Aktie nur bestimmten Hierarchien vorbehalten bleiben? Ich denke, dass wir derzeit einen Boom der Mitarbeiteraktienprogramme erleben, weil sie so gut in diese Zeit von New Work passen und Mitarbeitende zu Gesellschaftern machen. Sie stärken den kulturellen Wandel in Unternehmen. Bei TUI haben wir letztes Jahr unser Mitarbeiterbeteiligungsprogramm oneShare gestartet. Mittlerweile ist jeder fünfte der berechtigten Mitarbeiter TUI-Aktionär oder Aktionärin. Ein toller Erfolg, auf den wir stolz sind. Unser Ansatz, ein niedrigschwelliges Angebote zu machen, bei dem man bereits mit 25 Euro monatlich einsteigen kann, zahlt sich aus.

Beobachtung 4: Am Ende zählt das Team

Das Team rückt in den Mittelpunkt. Im Grunde war Erfolg schon immer eine gemeinschaftliche Leistung: Das Beispiel Bosch (wo der individuelle Bonus abgeschafft wurde) zeigt, dass sich diese Erkenntnis inzwischen auch in der Vergütung niederschlägt. Ob es die Abschaffung des individuellen Bonus ist, die Berücksichtung der Team-Performance für einen individuellen Bonus oder die die stärkere Berücksichtigung von Teamzielen im Performance-Management: Jedes Unternehmen wird seinen eigenen Weg finden müssen. Als Personalmanager müssen wir uns dabei immer wieder anschauen, was wir unter guter Leistung verstehen, wie wir sie messen, wie das dazu passende Vergütungssystem aussieht und welche anderen Rahmenbedingungen wir gestalten müssen.

Beobachtung 5: Vergütung ist wichtig, Leadership und Kultur sind wichtiger!

Zu guter Letzt müssen wir uns ehrlich in die Augen schauen und einen Realitätscheck machen: Warum gehen wir jeden Tag zur Arbeit? Wegen der letzten Gehaltssteigerung? Weil die Nebenleistungen so großartig sind? Weil wir Aktien des Unternehmens besitzen? Unwahrscheinlich!

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Unternehmenskultur und die Art, wie in Unternehmen Teams geführt oder Mitarbeiter in ihrer Weiterentwicklung durch Manager unterstützt werden, einen großen Unterschied machen. Die Gehaltsabrechnung führt einmal am Monatsende vor Augen, warum man zur Arbeit kommt. Das Team, die Kollegen in der Kantine, der direkte Vorgesetzte oder das Top-Management leben im besten Fall jeden Tag vor. warum es sich lohnt zur Arbeit zu gehen. Seit vier Jahren führen wir bei der TUI Group unsere Mitarbeiterbefragung „TUIgether“ durch. Ganz bewusst beschäftigt sich ein ausführlicher Teil der Befragung mit dem Thema Führung und ob es Managern gelingt, gemeinsame Visionen und Ziele zu vermitteln; es gibt eigene Fragenkomplexe rund um Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten sowie Wertschätzung.

Die Zeiten heroischer Führungskräfte, die von oben entscheiden und steuern, sind endgültig vorbei. Gute Führung heißt heute, ein guter Coach zu sein, auf Augenhöhe zu arbeiten, andere zu befähigen, über sich hinaus zu wachsen, und sie anzuschieben. Diese Haltung gilt es konsequent umzusetzen. Dabei sollten Organisationen mutig sein, sich trauen, neue Wege zu gehen und dabei auch ihre eigene Grundhaltung zu hinterfragen.

Mein Fazit: Klar, Vergütung ist wichtig. Ein gutes Vergütungssystem entfaltet seine incentivierende Wirkung jedoch nur in Kombination mit einer starken Führungs- und Unternehmenskultur. New Work muss sich in allen Dimensionen der Arbeit etablieren, um Wirkung zu entfalten. Wagen Sie Transparenz, sorgen Sie für ein gemeinschaftliches, partizipatives Miteinander, machen Sie Mitarbeiter zu Beteiligten, lenken Sie Ihren Fokus auf das Team und achten Sie darauf, dass die Vergütung widerspiegelt, was in den Bereichen Leadership und Kultur gelebt werden soll. Denn Vergütung ist nicht die wichtigste Komponente auf dem Weg zu New Work – sie kann Ihre Bemühungen im schlechtesten Fall jedoch konterkarieren. Ob wir das dann „New Pay“ nennen oder einfach nur eine kohärente Vergütungsphilosophie, verankert gleichermaßen in Unternehmensstrategie und Unternehmenskultur, überlasse ich Ihnen.

 

Über die Autorin

Frau Dr. Elke Eller ist Präsidentin des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM) sowie Vorstand für das Ressort Personal und Arbeitsdirektorin der TUI Group.

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