#NewWork ist individuell: 5 Perspektiven auf neues Arbeiten

Was bedeutet “New Work” eigentlich ganz konkret im Arbeitsalltag? Begründet von dem amerikanischen Philosophen Frithjof Bergmann in den 1980er-Jahren, der mit dem Begriff die „Arbeit, die wir wirklich wirklich wollen“ meinte, ist von “New Work” heute in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen die Rede. Und nicht immer wird deutlich, welche Maßnahmen sich wirklich dahinter verbergen. Oft bleibt es reines Buzzword.

Die Netzinitiative #HowToNewWork will weg vom Buzzword-Bingo und konkrete Impulse und Beispiele aus der Praxis aufzeigen: Mit welchen Maßnahmen schaffen Unternehmen den Schritt in die sich wandelnde Arbeitswelt?

Wir vom Online-Magazin DEAR WORK machen mit und möchten dabei den Einzelnen in den Mittelpunkt rücken. Wir betrachten “New Work” als modernes, an individuelle Lebenswirklichkeiten und Bedürfnisse angepasstes Arbeiten und somit bedeutet der Begriff auch für jeden Menschen etwas anderes.

Wir haben fünf ProtagonistInnen nach ihrer persönlichen Definition von „New Work“ befragt und danach, was ihre Arbeitgeber diesbezüglich richtig machen. Alle fünf sind angestellt, alle fünf sind in Berufen, in denen digital gearbeitet wird, aber alle fünf arbeiten in ganz unterschiedlichen Organisationen – vom Start-Up über den klassischen Verlag bis zum international agierenden Konzern.

Lasst uns unbedingt auch wissen, was “New Work” für Euch bedeutet und wie Euer Arbeitsalltag konkret aussieht: #HowToNewWork

Jetzt erst einmal viel Freude und Inspiration beim Lesen!

„Modernes Arbeiten bedeutet für mich, dass ich mich als ganze Person einbringen darf.“, Samson Rediet (25), Studio und Social Media Manager, Colors Studios, Berlin

Nach einem Bachelor in International Business und erster Berufserfahrung, entscheidet Samson sich gegen den Großkonzern und für das aufstrebende Start-Up. Bei der Musikplattform Colors Studios fühlt sich Sam als Teil von etwas Besonderem. Hier hat er das Gefühl, etwas bewirken zu können.

Samson steht in kurzer Hose und T-Shirt vor einer Wand und grinst in die Kamera.
Für Samson bedeutet modernes Arbeiten, sich als ganze Person einbringen zu können.

Samson, was bedeutet für Dich persönlich „New Work“?
Ich möchte Einfluss auf das haben, was ich tue, den Sinn dahinter erkennen und nicht nur abarbeiten. Für mich bedeutet modernes Arbeiten, dass ich mein Arbeitsleben und meine Aufgaben mitgestalten kann und mich als ganze Person einbringen darf.

Was macht Dein Arbeitgeber richtig? Welche New-Work-Maßnahmen oder Tools nutzt Du konkret?
Wir arbeiten bei Colors sehr eng und bereichsübergreifend zusammen. Hierbei helfen uns feste Meeting- und Kommunikations-Strukturen. In unserem Montags-Meeting teilen wir beispielsweise alle miteinander, woran wir gerade arbeiten. So weiß jeder, wo wir hinsteuern, kennt die Herausforderungen der anderen, kann Ideen einbringen und gemeinsam Lösungen finden. Das macht Spaß, stärkt unser Gemeinschaftsgefühl und die Verantwortung für die gemeinsame Sache. Darüber hinaus nutzen wir unterschiedliche digitale Tools, z.B. das Team-Kommunikations-Tool Slack. Und auch sonst sind wir so aufgestellt, dass wir alle von überall aus arbeiten können.

Und allgemein gefragt: Wie können Arbeitgeber modernes Arbeiten ermöglichen?
Man sollte sich in dem Unternehmen für die Ideen jedes Einzelnen interessieren und offen sein für die Talente, die über die Jobbeschreibung hinausgehen. Ich schätze außerdem Arbeitgeber, die es schaffen, ein, nennen wir es, organisches Wohlfühlen zu erzeugen. Wenn die Aufgaben Spaß machen und man sich als Teil vom Ganzen fühlt, dann braucht es keinen Kicker, bunte Möbel oder andere erzwungene Wohlfühlmaßnahmen.

 

“Die Vereinbarkeit von Job und Familie gelingt auch als Führungskraft”, Regina Baierl (37), Art Directorin, Handelsblatt, Düsseldorf 

Die renommierte Art Directorin Regina Baierl ist Mutter einer dreijährigen Tochter und Chefin eines 30-köpfigen Teams. Ihr Credo: Um Familie und Beruf gerecht zu werden, muss man Abstriche bei der Arbeitszeit machen. Das heißt aber nicht, dass man nicht genauso viel bewirken kann – wenn der Arbeitgeber einen lässt.

Regina steht in einem langen pinken Rock vor einem Einfahrtstor und strahlt.
Für Regina ist die Vereinbarkeit von Job und Familie auch als Führungskraft möglich.

Regina, was bedeutet für Dich persönlich “New Work”?
Ich bin Mutter einer dreijährigen Tochter, somit ist für mich die Vereinbarkeit von Job und Familie sehr relevant. Moderne Arbeit bedeutet in meinem Fall, dass diese Vereinbarkeit gelingt. Und das hängt zum Großteil vom Arbeitgeber ab.

Was macht Dein Arbeitgeber richtig? Welche New Work-Maßnahmen oder Tools nutzt Du konkret?
Hier im Verlag gibt es eine tolle HR-Abteilung mit Leuten, die sich wirklich kümmern und jede Menge Angebote. Für mich persönlich waren drei Angebote ausschlaggebend: Zum einen kooperiert der Verlag mit einem exzellenten Kita-Träger und übernimmt den Kosten-Mehranteil. Zum anderen kann ich als Führungskraft um 16 Uhr gehen, um meine Tochter abzuholen. Und ich habe eine so genannte Vertrauensarbeitszeit. Das heißt, ich arbeite 80 Prozent, bin aber bei der Zeiteinteilung recht flexibel. Ich muss also nicht immer physisch verfügbar sein, aber ich muss immer erreichbar sein. Meine Leistung ist an Ziele gekoppelt, wann und wie ich die erreiche, ist meine Sache. Das ist für mich modern. Darüber hinaus läuft der ganze Redaktionsbetrieb auf Laptops, die Mitarbeiter können von überall arbeiten und haben Zugriff auf das System. Es gibt höhenverstellbare Tische, man kann E-Bikes leasen, es gibt einen Massage-Sessel-Raum für die “bewegte Pause”.

Und allgemein gefragt: Wie können Arbeitgeber modernes Arbeiten ermöglichen?
Auch hier komme ich aufs Thema Familie zu sprechen: Überall heißt es zwar, Elternzeit sei etwas so Wichtiges. In der Realität aber ist es vor allem für Führungskräfte oft nicht möglich, dann heißt es “das sei nicht gern gesehen”. Eine vernünftige Elternzeit nehmen zu können, sollte etabliert sein.

 

„Ich arbeite vier Tage die Woche, wann ich frei mache, ist mir überlassen.“, Stefan Ulrich (40), Digital Design Lead, Highsnobiety, Berlin



Stefan Ulrich ist für die digitale Produktentwicklung bei dem Lifestyle-Magazin Highsnobiety verantwortlich, das innerhalb von zehn Jahren vom 1-Mann-Blog zum 150-Mitarbeiter-Unternehmen heranwuchs. Für Stefan zählen Flexibilität und Vertrauen – so muss sich das Leben nicht nach der Arbeit richten, sondern beides synchronisiert sich.

Stefan steht in kurzer Hiose und T-Shirt vor einer Wand und lacht.
Für Stefan zählen Flexibilität und Vertrauen – so synchronisieren sich das private und berufliche Leben.

Stefan, was bedeutet für Dich persönlich “New Work”?
Für mich heißt das vor allem flexibel zu sein, was Arbeitszeiten und -orte anbelangt, aber auch, dass man in mehreren Teams departmentübergreifend zusammenarbeiten kann. Das führt zu mehr Selbstbestimmung, mehr Freiheiten und mehr Agilität im Unternehmen.

Was macht Dein Arbeitgeber richtig? Welche New Work-Maßnahmen oder Tools nutzt Du konkret?
Ich arbeite vier Tage die Woche, wann ich frei mache, ist mir überlassen. Den fünften Tag nutze ich für persönliche Dinge. Als junger Vater ist das für mich und meine Familie essentiell. Gleichzeitig muss ich mich in meiner Position ständig fortbilden, was neue Software und Designsysteme anbelangt, auch das geschieht an diesem fünften Tag. Auch haben wir Gleitzeiten. Dass mein Tag nicht um Punkt neun Uhr beginnt und um Punkt 18 Uhr endet, ist für mich sehr wichtig. Wir arbeiten bei Highsnobiety mit 150 Leuten an fünf verschiedenen Standorten. Das geht nur über cloudbasierte Software. Alle können direkt kommunizieren und Entscheidungen können schnell getroffen werden. Im Grunde findet die ganze Firma im Google-Drive statt – eine sehr zeitgeistige Form von Storage- und File-Management. Slack ist für die Kommunikation essentiell. Aber auch das Projektmanagement-Tool Jira nutzen wir ständig. Das was die Firma also heute ausmacht – ihre Agilität, ihre Schnelligkeit und Internationalität – wäre so vor zehn Jahren noch überhaupt nicht möglich gewesen.

Und allgemein gefragt: Wie können Arbeitgeber modernes Arbeiten ermöglichen?
Indem sie auf ständige Kontrolle verzichten und ihren Mitarbeitern vertrauen. Nur so können diese selbstständig arbeiten und besagte Tools nutzen. Dafür ist es aber auch wichtig, auf klassische Hierarchien zu verzichten und sich auf Augenhöhe zu begegnen.

 

“Moderne Arbeit bedeutet für mich, meine Potentiale entfalten zu können”, Felicitas Olschewski (32), Creative Director, 72andSunny, Amsterdam

Felicitas besitzt die Schlüsseleigenschaft eines jeden erfolgreichen Kreativen: Neugierde. Und davon reichlich! Ihr Job als Creative Director bei der renommierten Agentur 72andSunny war eigentlich anspruchsvoll genug. Aber dann entschloss sich Felicitas, noch einen Master in Innovation Management im Ausland zu absolvieren.

Felicitas steht mit einem langen weißen Kleid mit roten Blumen auf einem Gehsteig und grinst in die Kamera.
Niemals stillstehen. Das bedeutet für Felicitas moderne Arbeit.

Felicitas, was bedeutet für Dich persönlich “New Work”?
Moderne Arbeit bedeutet für mich vor allem sich weiterzuentwickeln und nicht stillzustehen. Viel zu oft schreibt uns unser Jobtitel vor, was wir genau machen können-sollen-wollen. Meine Interessen und Talente gehen aber darüber hinaus – deshalb ist es wichtig, dass ich Möglichkeiten habe, mich in neue Richtungen zu entwickeln, ohne dass ich ein Sabbatical einlegen muss oder freelance mache.

Was macht Dein Arbeitgeber richtig? Welche New Work-Maßnahmen oder Tools nutzt Du konkret?
Mein Arbeitgeber lässt zu, dass ich meine Potentiale entfalte. Meine Neugierde und mein Wissensdrang haben mich dazu bewegt, die letzten zwei Jahre zusätzlich zu meinem Job als Creative Director in Amsterdam einen Master in Innovation Management in London zu absolvieren. Im Rahmen des MA habe ich auch für einige Zeit in einem anderen Unternehmen gearbeitet, was mir jetzt in meinem derzeitigen Job neue Möglichkeiten eröffnet. Arbeit und Studium in zwei Ländern bedeutete viel Arbeit im Flieger oder Eurostar. Kollaboration und Teamarbeit sind da key, da ich selbst nicht an allen Meetings teilnehmen kann – und muss! Diese Prinzipien einer neuen Arbeitskultur helfen mir dabei, meinem Team mehr Freiraum und Verantwortung einzuräumen ohne dass ich in der Vorlesung alle zehn Minuten meine E-Mails checken muss.

Und allgemein gefragt: Wie können Arbeitgeber modernes Arbeiten ermöglichen?
Freiheit einräumen. Experimente wagen. Vertrauen schaffen. Und Micromanagement abschaffen!

 

„Mitgestaltung und Partizipation gehören für mich dazu“, Renke-Marie Lux (36), Senior Product Manager Brand Partnership Central Europe, Warner Music Group Germany, Hamburg

Renke besitzt die Gabe, sich in das, was sie tut, voll rein zu hängen. Das zieht sich durch ihre fast zwei Jahrzehnte lange Marketing-Berufskarriere. Seit mehreren Jahren ist sie bei Warner Music, mittlerweile als Senior Product Manager Brand Partnership Central Europe. Und auch da übernimmt sie wieder zusätzliche Aufgaben.

Renke steht vor einer braunen Backsteinmauer und lacht.
Zu modernem Arbeiten gehört für Renke Mitgestaltung und Partizipation.

Renke, was bedeutet für Dich persönlich „New Work“?
Mitgestaltung und Partizipation gehören für mich dazu. Und ich schätze Selbstbestimmtheit und flexible Arbeitszeiten. Aufgrund mobiler Lösungen ist es ja heute kein Problem, auch mal von zu Hause oder einem anderen Ort zu arbeiten. Wenn’s um’s Soziale geht, bin ich jedoch immer noch Fan der Kaffeeküche und für den direkten Austausch. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Was macht Dein Arbeitgeber richtig? Welche New Work-Maßnahmen oder Tools nutzt Du ganz konkret?
Bei uns gibt es immer mehr Möglichkeiten zur Mitgestaltung. Zum Beispiel bringe ich mich gerade zusammen mit anderen Mitarbeitern bei der Modernisierung unserer Büroräume ein – wir wollen ein Ergebnis schaffen, das für alle Seiten funktioniert. Den Interior-Part darf ich in Zusammenarbeit mit Innenarchitekten mit betreuen. Das reizt mich total und ist eine spannende Aufgabe abseits des Joballtags. Außerdem stimmt bei uns die technische Ausstattung. Handy und Laptop sind natürlich unabdingbar. Der Großteil aller Systeme und Programme, die wir im Unternehmen nutzen, sind mobil oder via App abrufbar. Wir haben zudem eigene Cloud-Systeme und mobile Office Varianten. So bin ich flexibel, und kann auch von unterwegs arbeiten.

Und allgemein gefragt: Wie können Arbeitgeber modernes Arbeiten ermöglichen?
Mit den technischen Voraussetzungen ist der Grundstein gelegt. Eine starke Vertrauensbasis ist aber unabdingbar für gewisse Freiräume im Job. Außerdem gehören für mich Mitbestimmung, ein offener Austausch und das Bewusstsein für die Bedürfnisse aller Generationen eines Unternehmens ganz klar dazu.

 

Über die Autoren

ANNA VOLQUARDSEN beschäftigt sich seit 15 Jahren mit den Themen Unternehmenskultur, Personal- und Organisations- entwicklung, Arbeitgebervermarktung sowie weiteren Themen rund um den Wandel unserer Arbeitswelt. Sowohl in ihrem Studium, in ihrer Funktion als HR-Leitung eines mittelständischen IT-Unternehmens als auch in ihren aktuellen Tätigkeiten als Gründerin des Online Magazins DEAR WORK und als freiberufliche Beraterin. Sie interessiert sich vor allem dafür, warum Menschen ihre Arbeit mögen und welche Wege sie wählen, um sie zu gestalten.

FRANZISKA KLÜN arbeitet seit zehn Jahren als Redakteurin, Medienentwicklerin und Kommunikationsberaterin für unterschiedliche Verlage und Unternehmen mit den thematischen Schwerpunkten Wirtschaft und Design. Sie war bei den Lufthansa Magazinen für die redaktionelle Leitung der Lufthansa Woman’s World verantwortlich und als Style Director tätig. Zuletzt hat sie mit ihrem Online-Magazin YSSO die Manufakturenszene im deutschsprachigen Raum beleuchtet und mit der gleichnamigen Agentur Unternehmen geholfen, ihre Geschichten zu erzählen.

LENA MARDON begleitet seit zehn Jahren große Marken bei Kampagnen im digitalen Raum und berät sie im Umgang mit sozialen Medien. Als Gründerin eines erfolgreichen Start-ups hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen auf Zeit in fremde Berufsleben reisen zu lassen. Neben zahlreichen internationalen Kreativ-Awards wurde sie 2017 mit dem New Work Award von XING ausgezeichnet.

 

Über DEAR WORK

DEAR WORK ist ein digitales Magazin für aktuelle Geschichten, Interviews und Portraits rund um das Thema Arbeit. Ein Ort, um Menschen und Firmen in den Vordergrund zu stellen, die ihr Arbeitsleben und ihre Arbeitskultur aktiv gestalten und zeigen, wie modernes Arbeiten gelingen kann. Herzstück des Magazins sind die Work Stories. Diese persönlichen Geschichten geben Einblick in die Arbeitswirklichkeiten unserer Zeit. Denn wie diese aussieht, ist für jeden von uns unterschiedlich. Online seit Okt. 2015.

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