New Work weniger verkopft angehen!

Im Zuge einer Nachfolge durfte ich das IT/TK-Unternehmen TELROTH als Geschäftsführer von einem stark hierarchisch geprägten Ansatz zu einem Arbeiten auf Augenhöhe führen. Um es vorweg zu nehmen: Wir haben vor einigen Jahren begonnen und es wird wohl nie enden, denn die Arbeit daran wirft immer wieder neue Fragen auf.

New Work als dauerhafte Auseinandersetzung

Es ist eine über die Fachkompetenz hinausgehende Auseinandersetzung für und zwischen jedem. Eine New Work-Schablone, die auf jedes Unternehmen passt, gibt es leider nicht. Aber was bei vielen Unternehmen gleich ist: das Menschliche. Umso besser die Zusammenarbeit funktioniert, umso besser ist die Wertschöpfung. Genau daran habe ich angesetzt. Ich habe mich mit den Menschen hinter den Mitarbeitern beschäftigt und folgende Fragen gestellt:

  • Wie wird Verantwortung von jedem einzelnen verstanden?
  • Wie stark identifiziert sich jeder mit seinen Aufgaben und dem Unternehmen?
  • Wie hoch ist die Verbundenheit zwischen dem Mitarbeiter, den Teams und den Führungskräften?
  • Wie sollen in Zukunft Entscheidungen getroffen werden?
  • Wie gehen wir mit Konflikten um?
  • Warum arbeiten wir hier und nicht woanders, was lässt uns 2 Stufen auf einmal die Treppe zum Büro hochgehen?
  • Wie gehen wir mit Fehlern um?
  • Wie feiern wir Erfolge?

Führungskräfte: mehr regieren, weniger delegieren!

Was durch diese Arbeit ganz nebenbei sichtbar wurde, ist die Unternehmenskultur. Viel wird über sie geschrieben und teilweise wird sie zu einem Mythos hochstilisiert. Wenn ich genau hinsehe und hinhöre, die Zwischentöne aufnehme, wird das Bild der Kultur immer klarer. Und dann bieten sich auch Handlungsalternativen. Ist die Kultur erst sichtbar, kann ich an ihr arbeiten.

Dabei ist das Thema bei uns nicht zum Selbstzweck geworden. Oft schwingt ja mit, dass die Mitarbeiter gerne die Vorteile der neuen Arbeitsweisen mitnehmen, bei weniger attraktiven Themen sich jedoch eher zurückziehen. Aus dieser Beobachtung heraus entstanden neue Jobprofile für die Führungskräfte. New Work funktioniert, wenn die Führungskräfte statt zu kontrollieren und zu delegieren, mehr wittern und reagieren. Die Führungskraft setzt somit die Rahmenbedingungen und fordert die oben genannte und gemeinsam erarbeitete Art der Zusammenarbeit ein.

Unternehmenskultur und Werte nicht so verkopft bearbeiten

Ich habe mich intensiv mit Werten in Unternehmen beschäftigt. Ähnlich wie die Unternehmenskultur wird die Arbeit mit Werten für mich zu analytisch und verkopft bearbeitet. Dabei sind sie gar nicht so abstrakt, denn bei der Arbeit mit den Menschen werden die Werte automatisch herausgespült – vorausgesetzt die Atmosphäre ist von Vertrauen geprägt. Aus den Wünschen und Zielen der Mitarbeiter und des Managements, wie in Zukunft zusammengearbeitet werden soll, lassen sich viele Werte ableiten.

Viele Themen habe ich einfach umgesetzt, ohne zu wissen, dass es mal unter das Etikett New Work fallen würde. So haben wir die meisten Jour Fixes durch Ad Hoc Meetings ersetzt. Verantwortungen wurden neu verteilt, bis hin zu Azubis, die nach einer Einarbeitung verantwortlich mitarbeiten. Wir haben die klassischen KPI-Meetings, die immer auf der Vergangenheit aufsetzen durch Quick-Checks ersetzt, bei dem die Zahlen tagesaktuell besprochen werden. Wir haben viele Dialog-Meetings stattfinden lassen, bei dem die Meinungen der Mitarbeiter zum Unternehmen und ihrer Arbeit eingeholt wurden. Unser Koch, der dreimal die Woche kommt, sorgt für eine interdisziplinäre Pausengestaltung. Es treffen sich Mitarbeiter, tauschen sich aus und lernen einander besser kennen.

Was uns der eigene New Work-Weg gebracht hat…

Das Ergebnis der eingeläuteten Maßnahmen ist eindeutig: Die Mitarbeiter arbeiten eigenverantwortlicher. Sie holen sich Unterstützung bei der Vergabe von Prioritäten. Sie können eskalieren und deeskalieren. Die Mitarbeiter sehen Sinn in ihrer Tätigkeit und sehen ihren Anteil am Erfolg des Unternehmens. So wird die Diskussion über die freie Zeiteinteilung – häufig im Zusammenhang mit New Work genannt – von den Mitarbeitern selbst geführt, vorausgesetzt es herrscht Einigkeit über die Auslegung der Selbstverantwortung eines jeden einzelnen.

Fazit: In der Nachbetrachtung ist es einfacher als es oft beschrieben wird. Die Aufgabe ist und bleibt komplex. Wenn ich mich ehrlich für den Menschen hinter dem Mitarbeiter interessiere, können eben auch Themen kommen, die mir nicht unbedingt in den Kram passen. Da muss ich aber durch. Genauso ist es mit den Meinungen der Mitarbeiter. Ich habe die Mitarbeiter immer mit einbezogen, das schafft eine Verbundenheit und Identifikation in bisher unbekanntem Maß.

Die Gesundheitstage sind gestiegen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter hat zugenommen – und das merkt man am Klima. Auch die Attraktivität des Unternehmens für Bewerber hat einen „Boost“ erfahren – wir bekommen besser qualifizierte, passendere Kandidaten als früher. Und für die Zweifler: in 2017 hatte das Unternehmen das beste Jahresergebnis in der 50-jährigen Geschichte.

 

Über den Autor

Carsten Roth ist Geschäftsführer von TELROTH, einem Spezialisten für Telefonanlagen, Brandmeldeanlagen und IT Systeme mit 77 Mitarbeitern am Standort Hilden und rund 2000 Kunden. Als Berater und Coach – mittelstandsversteher.de – widmet sich Roth unter anderem Themen wie Teamentwicklung, Führungskräfte-Coaching und Nachfolge. Auch in seinem eigenen Podcast greift Roth seine Beratungsfelder sowie die Herausforderungen als CEO auf.

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